Beinah war ich mäusetot

Ja, du liest richtig: Beinah war ich mäusetot. Tot wie die Mäuse, wenn sie Gift gefressen haben. Und so hätte es mich letzte Woche auch fast erwischt. Dabei hatte Annegret mich doch vor 12 Jahren vor dem Gifttod in Athen gerettet.
Und jetzt so etwas!


Mir ging es auf einmal innerhalb von einem halben Tag so schlecht, dass ich gedacht habe: Das war´s. Gerade noch ´n schönen Geburtstag gehabt, und jetzt ein Totalausfall mit Schmerzen pur. In mir drin. Alles aua! Ich wusste nur nicht so recht, wie ich Annegret das erklären sollte. Unsere Morgenrunde war ganz kurz, weil ich gar nicht richtig gehen konnte. Ich bin alle 20 Meter stehengeblieben.  Die Nachmittagsrunde war noch schlimmer und noch kürzer. Ich mochte auch nix fressen.  Annegret war ratlos, wollte aber den nächsten Tag noch abwarten.
Der nächste Morgen: Noch schlimmer! Ich konnte nur ein Schrittchen vor das andere machen, den Kopf tief runter gesenkt. Meinen Schwanz hatte ich vor lauter Elend fest eingeklemmt. Ein guter Freund, der mit dem Auto vorbeifuhr und mich sah, hielt an und fragte Annegret, was los ist und meinte, ich müsste zum Arzt.
„O Hilfe“, sagte Annegret, „Hannes, mach keinen Scheiß!“ Sie hatte einen wichtigen Termin, wollte mich aber vorsorglich mitnehmen. Normalerweise springe ich ja in den Kofferraum. Da war überhaupt kein Denken dran. Irgendwie habe ich versucht, mich auf den Rücksitz zu hangeln.
Am Mittag hat Annegret eine Lücke im Zeitplan und fährt zum Tierarzt. O Hilfe, das macht die Lage für mich ja noch viel schlimmer. Es geht mir so furchtbar schlecht.

Warten brauchen wir nicht lange. Die Untersuchung fängt an und schnell steht fest: Ich bin vergiftet.
„Vergiftet????“ Annegret glaubt es nicht. Allerdings ist vor nicht allzu langer Zeit ein netter Hundekumpel in unserer Nachbarschaft gestorben. Vermutlich Mäusegift von den Obstplantagen.

Mir soll Blut abgenommen werden und ich muss eine Infusion bekommen.
„Schnappt der?“ wird Annegret gefragt. Ich und schnappen!!! Aber man kennt mich hier noch nicht so gut. Deswegen bekomme ich einen „Schnauzenschoner“, wie Annegret sagt, und werde auf dem Tisch flachgelegt. Annegret höre ich rausgehen. Ich glaube, sie ist wie ich fix und fertig.

Nach ganz, ganz, ganz, ganz langer Zeit kommt sie wieder rein. Ich hänge noch an der Nadel. Weil meine Venen schon ganz unbrauchbar sind, müssen drei meiner Beine herhalten mit Fell wegrasieren und Pieksen, bis das Anzapfen klappt.
Dann kriege ich Unmengen von Medizin ins Blut getropft. Eine ganze DIN A 4-Seite voll.

Damit nicht genug, ich soll noch einige Kanülen mit weißem Brei ins Maul gespritzt bekommen.
„Das Zeug schmeckt so scheußlich“, höre ich, „da rastet jeder Hund aus.“ Und los geht´s.
Aber ich, der Hanneshund, raste überhaupt nicht aus, sondern lecke, was das Zeug hält, damit es schneller fott ist. Das bringt mir die Bewunderung der ganzen Mannschaft ein.
Dann kriege ich noch ein paar Verbände

und Annegret jede Menge Anweisungen. Und noch mehr Medizin für zu Hause.

Meine Beine sehen sehr schlimm aus.
„Stell dich nicht an“, sagt Annegret, „das Fell wächst doch wieder nach, aber ein Hannes niemals!“
Danach fahren wir nach Hause.
Ich will nur noch liegen und schlafen. Saufen darf ich nichts, futtern nur dünnen Kartoffelbrei. Und Annegret soll für ganz viel Wärme sorgen. Deswegen werde ich auch schön warm eingepackt.
Am nächsten Tag fährt Annegret wieder mit mir in die Praxis. Es wird noch ein „Cocktail“ in mich reingespritzt. Ist mir aber alles egal. Ich höre, wie Annegret die Ärztin fragt, ob es wirklich gewiss zweifelsfrei tatsächlich eine Vergiftung ist. Sie kann sich das nämlich gar nicht vorstellen, weil ich doch überhaupt nicht rumbuddele oder wilde Sachen draußen fresse.
Aber es gibt keinen Zweifel.
Nur viele Rätsel.
In den folgenden Tagen lassen die Schmerzen nach und ich kann ganz kleine Spaziergänge machen.
Grässlich sind die dicken Tabletten, die ich einnehmen muss.

Annegret nennt sie „Bomber“. Jeden Morgen 5 Stück und jeden Abend 5 Stück. Tagelang.

Du müsstest nur mal eine probieren! Pfui Deibel!
Annegret versucht, mich zu überlisten und versteckt die Bomber im Kartoffelpüree.
So einfach geht das aber nicht! Zumindest einen konnte ich aussortieren.
Mit ganz viel Wärme – Decke und Ofen – geht´s mir allmählich besser.

Wenn wir draußen sind, fragen alle, wie es mir geht.
So viele nette Menschen und Nachbarn! Das päppelt auf.

Nach einer Woche geht´s mir wieder so gut, dass ich mit meinen Spielsachen spiele. Der Futterball ist mir am Liebsten.

Und im Garten sitzen mag ich auch wieder.

Hoffentlich freust du dich, dass es mich noch gibt!

Viele Grüße
Dein Hannes

Ein Gedanke zu „Beinah war ich mäusetot

  1. Kiki Landmann

    Oh weia, da haben Lola und die Landmänner aber große Augen gemacht, als ich ihnen diese Geschichte beim Abendbrot vorgelesen habe … wo wir doch selber alle so gerne in Niederbachem spazieren gehen. Und im Gegensatz zu Dir, Hannes, ist die Lola ja vor nix fies und futtert gerne mal das ein oder andere Häppchen vom Wegesrand in sich hinein. In unserem Viertel sind das oft die angegammelten Butterbrotreste, die die Schulkinder mittags auf dem Heimweg aus den Brotdosen ins Efeu in den Baumbeeten kippen. Wir haben schon gehört, daß sich bei Euch jetzt viele Hunde ganz schlimm an den Mäuseködern vergiftet haben und deshalb durfte Lola zuletzt auch gar nicht mehr ohne Leine laufen – was sie gar nicht lustig fand.

    Was für ein Glück, daß Du gerade noch mal so gerettet wurdest!

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