Dabei war es ja eigentlich gar kein Übermut, sondern mein Katzenhass, dass ich mich so verletzt habe und mir selber einen Teil meines Urlaubs vermasselt habe.
„Wie kann man nur so bescheuert sein, Hannes!“ motzt Annegret mich an, während sie versucht, mich zu verarzten. Aber sie war überfordert. Wir mussten noch richtig zum Arzt. Und das im Urlaub!
Jetzt erzähle ich aber erstmal richtig der Reihe nach.
Also, wir haben keine Urlaubsreise gemacht, sondern sind nach Nümbrecht gefahren in unsere Ferienwohnung. Die liiiiebe ich!
Übrigens, Annegret hat vorhin mal in den Innereien von meinem Blog nachgesehen und festgestellt: „Mensch Hannes, das gibt´s gar nicht, dein Blog ist bis heute schon zwanzigtausendeinhundertundfünf Mal geöffnet worden!“ Und sie wundert sich, dass von so vielen Menschen noch nie einer unsere Ferienwohnung gemietet hat. Ich informiere euch doch extra unter meinen „Lieb-Links!“
Man kann supergut den Dorfplatz überblicken und braucht überhaupt keinen Fernseher.
Da unten ist immer was los.
Ja, also, da sind wir hingefahren, haben aber erstmal einen Abstecher zu meiner Oma gemacht. Und wen treffe ich da? Die halbe Familie und meinen Cousin und besten Freund Gino.
Eine riesige Toberunde und Ringkämpfe haben wir gemacht wie in alten Zeiten.
Danach waren wir ein bisschen ausgepifft.
Deswegen gucke ich Wolfgang beim Präzisionsrasenmähen zu.
Aber dann geht´s echt zur Wohnung.
Hier habe ich ja meinen allerliebsten Lieblingslieblingsurlaubssessel!
Mit dem Wetter hatten wir richtig Glück! Man kann hier unglaublich schön wandern.
Auf unserer ersten Tour sagt Annegret auf einmal: „Boah, Hannes, sieh dir das an! Hier hat der Blitz eingeschlagen!
Metergroße Klamotten sind hier 20 Meter weit geschossen!“
Ich stehe ziemlich ratlos rum.
Aber so wird es wohl gewesen sein!
Unsere längste Wanderung war 4 Stunden bei herrlichstem Sonnenschein.
Im Wald kreuzt ein Reh unseren Weg. Das macht mich raderdoll! Aber ich bin ja an der Leine und kann nicht so, wie ich möchte.
Weiter geht´s.
Dann kommt eine Bank, die Annegret so scheußlich findet, dass sie ihrer Meinung nach nur für Hunde sein kann.
Zwischendurch gibt´s mal ein Picknickchen.
Besonders gerne strolche ich durch kleine Gräben, wo ich ein bisschen feuchte Füße kriege.
Sackgasse!
Und dann kommen ganz weite Wiesenflächen! Hier darf ich mal so richtig Dampf ablassen!
Leine los und nix wie weg!
Bis die Zunge hängt!
Und jetzt komme ich zum dunklen Kapitel unseres Urlaubs.
Annegret hatte versprochen, fast gar nicht zu arbeiten, nur ein ganz klein bisschen. Das heißt, sie hat allerlei renoviert und musste oder wollte zu einem Werbebüro ganz in der Nähe, weil sie neue Prospekte für ihre Arbeit braucht. Nun hat sie mich mitgenommen und – damit es mir im Auto nicht zu warm wird – oberhalb vom Haus an einem Fliederbaum festgemacht. Als sie mit dem Werbefachmann spricht, sagt der auf einmal: „Boh, da ist gerade ein Hund vorbeigefegt!“ Er meinte, das wäre ich gewesen. Aber Annegret hielt das für ausgeschlossen: „Dann steht der Flieder auch nicht mehr!“ Sie hat aber doch mal nachgesehen. Der Fliederbaum stand tatsächlich noch, mit meiner Leine dran und dem Halsband. Das hatte ich gesprengt.
Nach ein paar Minuten war ich schon wieder zurück, aber als ich Annegret sah, bin ich schnurstracks an ihr vorbei, mal erst unterm Schreibtisch durch. Ich musste dann aber in den Kofferraum.
Das erste, was Annegret danach an mir entdeckte, war meine Kralle, von der ich mir die Spitze abgeknickt hatte. Die zappelte noch rum. Und weil ich an einem Hinterbein leckte, hat sie dort meine Schürfwunde entdeckt.
Aber mal erst in der Wohnung! Ich konnte ja die Verletzungen nicht vertuschen, weil sie mir so erbärmlich weh taten: Die oberen Ballen an der Rückseite meiner Vorderbeine waren ziemlich zerfetzt! Als Annegret das sah, hat sie sofort jede Menge Verbandszeug gekauft.
Aber ihr war ziemlich schlecht. „Sag mal Hannes, und wie geht´s der Katze???“
Sag ich nicht.
Am Spätnachmittag gehen wir spazieren. Gehen tut mir zum Glück nicht so weh wie liegen.
Und wo landen wir?
O nein! Bitte nicht!
Aber Annegret geht mit mir rein und fragt: „Kann ich morgen hier meinen Hanneshund flicken lassen?“ Dort will man wissen, was mit mir los ist und sagt. „Morgen 9 Uhr.“
Am Abend dann noch Gewitter!
Grauenhaft!
„Und?“ sagt Annegret, „wo ist jetzt dein Katzenheldenmut? Vor ´nem Dönnerchen haste Angst!“
Nächster Tag 9 Uhr:
Das ist ja mit den Tierarztpraxen so ´ne Sache. Auf der einen Seite weiß ich: Es wird schlimm. Andererseits gibt es hier total viel zu erforschen und zu riechen.
Da hinten sitzt eine Frau mit einer Katze im Korb.
Die stinkt bis zu mir.
Nachdem die beiden im Behandlungszimmer sind, nehme ich mir die Katzenabteilung vor und fresse mal eben das Katzenfutter weg. Das brauche ich jetzt.
Annegret muss für mich ein Patientenblatt ausfüllen. Bei „Rasse“ schreibt sie „Edelmischling“.
Dann komme ich an die Reihe.
Als Erstes werden mir die Pflaster abgemacht. „O, das sieht aber gar nicht gut aus!“
Und dann bekomme ich Profiverbände. Aber nicht in Tarnfarbe, sondern mit Signalwirkung!
Damit jeder sehen kann, was für ein armer Hanneshund ich bin!
Als Annegret sich nachher die Rechnung ansieht, muss sie schmunzeln.
„Schau her, Hannes, was hier steht: Edelmischling!“
Aber für das Geld hätte sie uns wohl lieber Rinderfilet gekauft.
In zwei Tagen müssen wir wiederkommen zur Kontrolle, zum Salben und zum Verbinden.
An dem Tag dazwischen machen wir morgens unsere Feld-, Wald- und Wiesenrunde, als Annegret mich plötzlich fragt: „Sag mal, Hannes, ob du wohl aus diesem Vorfall lernst? Klug genug bist du ja!“
Ja, aber Katzenwahn hat nix mit Klugheit zu tun. Und genau in dem Moment rieche ich schon wieder so ein Mistvieh, das sich am Weiderand im Gras versteckt.
Da bin ich mal eben durch den Stacheldraht gekracht und habe der Katze Weitsprung beigebracht!
So geht das!
Nächster Morgen: Arzttermin. Ich komme ganz schnell dran. Inzwischen weiß man ja auch, dass ich ein prominenter Hund bin mit meinem Blog.
Als erstes werden die Verbände abmontiert.
Und als ich höre: „Das sieht ja gut aus. Keine Entzündung und nichts geschwollen!“, da stehe ich auf und gehe zu dem Glas mit den Belohnungen. Ich dachte nämlich, ich wäre schon fertig. Das fand man besonders klug und auch witzig. Ja, so bin ich!
Und erst nach dem Verbinden gab es Belohnung.
Und nicht nur eine!
Als wir zurück in unserer Wohnung waren, hätte ich fast noch ein Missgeschick ausgelöst. Ich war nämlich so froh, dass alles gut wird, dass ich ein paar sehr verrückte Hippenbocksprünge gemacht habe und mit dem Teppich, der mir wegrutschte, beinahe die Glasvase zertrümmert hätte. Aber es ist so gerade nochmal gut gegangen.
Ein paar Tage bleiben uns noch. Die Verbände wechselt Annegret jetzt.
Außerdembekomme ich noch Netz-Leggings drüber.
„Das hat etwas Prickelndes!“ meint Annegret.
Inzwischen sind wir wieder zu Hause.
Guckt mal, wie schön es hier ist:
Aber vergesst nicht, auch mal nach Nümbrecht zu fahren.
Ich könnte euch dort ja vielleicht einmal willkommen heißen.
Bis dann!
Euer Hannes