So, – um das Ende unseres Urlaubs gleich vorwegzunehmen: Ich wollte einfach nicht nach Hause!
Wir waren nämlich endlich, endlich nochmal in Katzenthal im Elsass!
Wenn ihr mal ein bisschen in meinem Archiv kramt, dann findet ihr kilometerlange Post und Urlaubs-Tagebücher von mir. Hier war ich nämlich 2005 schon und 2007 und 2009 und 2011.
Deswegen kenne ich mich auch hier so supergut aus.
Aber ich will mal der Reihe nach erzählen. Wir starten bei herrlichstem Wetter. Eigentlich hält Annegret immer schon an der Moseltalbrücke. Aber diesmal fährt sie dran vorbei.
Wahrscheinlich sind wir wie immer viel zu spät losgekommen und müssen ein bisschen Strecke schaffen.
Aber im Kandelwald vor der französischen Grenze halten wir immer und machen Mittagspause und einen Waldspaziergang.
Und schon findet Annegret Pilze! Das kann ja heiter werden, wenn sie da wieder mit anfängt.
Vor nicht allzu langer Zeit hat sie bei uns zu Hause einen Riesenbovist gefunden. Den musste ich mir auch ansehen.
Aber jetzt sind wir in Katzenthal und gehen auch gleich hoch in die Weinberge. „Auspacken kann ich später“, meint Annegret.
Ich liiiiiiiiiiiiiiiiebe diese Gegend: Katzenthal unter uns, Colmar weit hinten und der Kaiserstuhl und Schwarzwald noch weiter weg.
Vor dem Haus nehme ich gleich meinen Lieblingsplatz ein.
Und dass ich drinnen zum Nachtschlafen wieder meine Sofahälfte bekomme, ist ja wohl selbstverständlich.
Unser erster Tag ist supersonnenschön. Vormittags raus, in die Weinberge, in den Wald, zur Ruine Wineck.
Alles nach meinem Geschmack.
Am Nachmittag gehen wir weit, weit durch die Rebberge bis nach Ingersheim runter.
Annegret will einkaufen und sagt: „Dazu brauchen wir kein Auto. Wir brauchen nur den Rucksack zum Transport.“
An den ersten paar Tagen unternehmen wir alles von unserem Ferienhaus aus.
Das Wetter ist so herrlich! Trotzdem spricht Annegret schon vom nächsten Winter und sagt: „Dat Holz hier hätte ich gerne für unser Öfchen!“
Ich glaube aber, das kriegen wir gar nicht in unser Autochen, weil Annegret bestimmt auch wieder Wein kauft.
Weinberge gibt es ja wirklich genug hier,
auch ganz viele Träubchen,
die kommen in die großen Traubenkiepen, die die Leute auf dem Rücken haben.
Unterwegs findet Annegret Pilze
Am Tag drauf ist es wieder sehr sonnig und warm.
Das Wetter und Annegret wollen mich fertig machen! Das schaffen die beiden auch, und ich muss mich zur Erholung mal eben in den Weinberg schmeißen.
Bei unserer Spätnachmittagrunde bin ich aber wieder flott, und die Sonne macht unserem Schatten lange Beine.
In der Nacht geht´s mir auf einmal kotzmiserabel hundeelend dreckig. Ich habe das Riesenrumoren im Darm und spüre Durchfall. So ein Mist! Ich muss Annegret wecken und kratze an der Schlafzimmertüre. Sie zieht sich ganz schnell an und wir schaffen´s gerade bis oben zum Graswegrand, als mir alles hinten rausfliegt. Unten in Katzenthal krähen schon die Hähne.
Am Morgen sagt Annegret: „Hannes, heute knöpfen wir uns den Galtz vor!“
O ja, das ist unser Lieblingshausberg. Da muss man mächtig lange und steil steigen.
Und oben wartet Jesus schon auf uns.
Aber bis dahin brauchen wir anderthalb Stunden, wenn wir stramm wandern. Mir geht es aber noch gar nicht gut, deswegen bleibe ich öfters stehen. Wir kommen schlecht voran. Auf einmal gesellt sich ein Hundemädchen zu mir.
Ein Stück gehen wir zusammen und das macht Annegret auch mit dem dazugehörigen französischen Hundepapa.
Wir Hündgen kommunizieren mit der Nase
und unsere Menschen unterhalten sich auf französisch über Pilze, – bis der Mann abbiegen muss und sein Hundemädchen mitnimmt. Diese Bekanntschaft hat mir total gut getan und danach sind wir schon bald oben bei Jesus!
Ich liebe diesen Platz und genieße die tolle Aussicht!
Mit einem großen Umweg gehen wir vorbei an der Kapelle Sankt Wendelin
und über Niedermorschwihr zurück.
Das waren insgesamt 4 Stunden und 20 Minuten, die mich wieder quietschgesund gemacht haben!
Also, ich kann jetzt nicht unseren ganzen Urlaub erzählen, wir waren ja 2 Wochen weg, aber ein paar Erlebnisse muss ich loswerden.
An einem Tag hat Annegret eine schöne Route ausgesucht, nimmt aber vorsichtshalber Anorak und Schirm mit, weil etwas Regen gemeldet ist. Und der kommt! Natürlich, als wir an der entferntesten Stelle sind. Es regnet wie bekloppt! Annegret versucht, auf der Karte den kürzesten Rückweg zu finden. Aber auch der dauert eine Stunde. Obwohl ich mich pausenlos schüttele, werde ich pitschenass.
Ich versuche, Annegret durch ruckartige Sprünge zu beschleunigen, aber sie hat ihre eigenen Probleme: Vom Schirm läuft das Wasser auf den Rucksack und von da fließt ihr alles aufs Hinterteil.
Als wir endlich am Auto sind, packt mich Annegret ein, aber davon trockne ich auch nicht.
Ich bin mir selber fies.
Und genau jetzt hört es auf zu regnen.
Am Abend kontrolliert Annegret meinen Trocknungsgrad, auch meine Ohren. „Nein!“ ruft sie, „alles noch klatschnass! Kannst du die Ohren unter den Klappen nicht trocknen lassen?“
Nein, Klappohren bleiben sehr, sehr lange nass.
Das Wetter wird aber wieder gut und wir können unsere Weinberge und den Wald wieder durchstreifen. Große Touren gehen leider nicht, denn jetzt schwächelt Annegret. „Ich weiß auch nicht, was ich habe“, sagt sie, „aber ich habe keine Wanderkraft“.
Im Wald probiere ich Pfützenwasser: Ha! Ich schmecke Wildschweinbrühe.
Und wir sehen, wo sie hergelatscht sind.
Annegret findet einen gigantischen Pilz.
Der interessiert selbst mich.
Hoffentlich passt der in die Pfanne.
Ui, Glück gehabt.
An der Terrassentürenscheibe haben wir auf einmal Besuch.
Ein Grünling! Ein Gras- oder besser Glashopper!
Eine Zeitlang turnt er rum und auf einmal ist er fott.
An den nächsten Tagen kommen wir auch nicht so recht in die Pötte.
So vertreibe ich mir die Zeit vor der Haustüre. Hier kann ich bis unten zur Straße allerlei beobachten.
Ich warte drauf, dass Annegret wieder etwas unternehmungslustiger wird, aber es gibt immer nur dieselben Runden. Allerdings im Wald mit einer tollen Überaschung!
Ich finde ein Rehbein!
Das ist ja Klasse!
Mit Fell und Huf! Alle drei Teile hängen noch aneinander.
Da könnte ich ja schön was mit anfangen!
Aber Annegret lässt mich nicht. „Wenn noch ´n Reh dran wär, könnte ich auch was damit anfangen“, meint sie, „aber so… nä, Hannes, dat Bein lassen wir hier liegen.“
Dann endlich fahren wir doch mal in die halbhohen Berge.
Diese schöne Gegend um Fréland kenne ich von früher.
Wenn Annegret doch nur nicht so lahm wäre! Ich würde glatt das doppelte Tempo schaffen.
Dann muss ich halt zwischendurch ein bisschen Wildschweine schnuffeln…
… und Schäfchen zählen.
Und als wir wieder nach Hause kommen, haben wir den nächsten Besuch:
Einen Fassadenkletterer!
„O je“, sagt Annegret, „ist der ramponiert! Und nur noch 5 Beine!“
Wenn ich doch nur 5 Beine hätte! Aber mit vieren komme ich auch ganz gut voran.
Annegret lässt mich zwischendurch ganz schön brettern. Als Ausgleich für das schlappe Wandern.
„Aber“, sagt sie, „wir müssen doch noch in die Hochvogesen! Was ist denn ein Urlaub hier ohne die hohen Berge?!“
Aber es wird nix mehr draus. Als wir beide endlich wieder gleichzeitig fit sind, verhüllen sich die Berge im Gewölk.
Trotzdem: Annegret hatte etwas ganz Schönes rausgesucht und gesagt: „Wir starten auf gut Glück. Vielleicht schafft die Sonne es ja noch.“
Aber Pustekuchen! Als wir parken, ist es außerdem lausig kalt. Trotzdem marschieren wir los.
Wege und Richtungen gibt´s jedenfalls genug.
Und dann kommt noch, was ich gar nicht mag: Die Vogesenkühe, diese elend aufdringlichen!
Die neben dem Weg sind okay. Aber von oben kommen schon die Nächsten angeglotzt!
Am Besten gucke ich weg. Aber das hilft nicht.
Annegret muss – das ist erprobt – ihren Wanderstock zücken und eine Sperre machen.
So. Geschafft.
An einem leckeren Picknick lässt Annegret es nicht fehlen.
Und danach beginnen wir unseren benebelten Abstieg.
Schade, schade. Unten im Rebland scheint die Sonne,
sogar bis auf meine Couch.
Am Abend betrachte ich mich im Spiegel: Ich finde, ich sehe gut erholt aus.
Jetzt haben wir nur noch einen Tag hier.
Annegret schlägt vor, dass wir nochmal Jesus auf dem Galtz besuchen.
Das soll mir recht sein. Galtz ist immer gut, – dachte ich. Bis heute.
Aber je näher wir kommen, desto lauter wird es. Was ist denn hier los?
O je, gar nicht erst hinsehen, lieber rumschnuppern.
Wandergruppen, Schulklassen, alles voll von Menschen. Und keiner sieht Jesus, wie er alle segnet.
Nix wie weg hier!
Als Annegret am nächsten Morgen das Auto belädt, lenke ich mich noch ein bisschen ab.
Aber dann muss es sein: Ich muss ins Auto. Ich mache eine unglaubliche Szene. Ich springe einfach nicht rein. Nichts zu machen. Endlose Diskussion. Hannes will nicht!
„Hannes, ich brauche dich noch! Oder möchtest du etwa hier alleine bleiben?“ Nein, alleine sein will ich auch nicht. Also kommt der Sprung in den Kofferraum, aber mein Kopf hängt so weit runter wie es geht.
Sooo traurig bin ich nämlich.
Diese Abschiede sind einfach zu viel für mich.
Unterwegs merken wir aber schnell, dass der Abreisetag passt. So scheußliches Wetter! Katzenthal kann man kaum noch erkennen!
Unterwegs wird´s noch übler. Wir machen nur einmal eine kurze Pause. Es ist saukalt. Und im Hunsrück liegt sogar frischer Schnee.
„Wart ab, Hannes, wenn wir wieder Zuhause sind, fällt dir wieder ein, wie schön wir es haben!“
Als wir vor unserer Garage gelandet sind, sagt Annegret: „Falls es dich interessiert, Hannes, hier isset auch kalt! Und wir sind insgesamt genau 998 km gefahren, davon heute 392. Und weil die Zahl so schön ist, vermerken wir den Tachostand: 110220 km.“
Das ist mir piepegal.
Ich will mal eben nachsehen, wie unser Zuhause ist.
Tatsächlich, – schön. Das hatte ich total vergessen.
Mein Gärtchen
und auch mein Bett.
So. Wenn ihr bis hierhin gelesen habt, aber noch die hohen Vogesenberge sehen wollt, dann kramt mal ein bisschen im Archiv.
Bis bald
viele Grüße
euer Hannes