Also, das hätte ich ja nun wirklich nicht gedacht, dass ich alter Knabe nochmal nach Holland komme!
Vor 13 Jahren das erste Mal und jetzt schon zum 7. Mal!
Und es ist wieder so schön hier!!
Bei unserer Ankunft werden wir allerdings mit peitschendem Regen begrüßt. Der Sturm reißt Annegret die Autotüre aus der Hand und sie kann kaum ausladen, und von drinnen sieht das auch nicht so ganz gemütlich aus.
Aber das kennen wir hier ja. Alles wie immer. Auch die Austernfischer schippern zum Feierabend zurück.
Das kann man ja alles vom Sofa aus sehen.
Annegret präpariert mir erst mal zwei Wärmebetten. Damit ich blooooß nicht friere.
Herrlich. Mir ist eins so lieb wie das andere.
Mal sehen, was Annegret morgen mit uns vorhat.
Ich freue mich richtig doll über alles, was ich wieder erkenne.
Ich finde nur, es ist alles so leise geworden. Das ganze Federvieh-Geschreie hör ich nicht mehr. Das liegt gewiss an meinen Ohren.
Aber sonst stimmt alles: Die Taucher versenken sich
und der Sturm fönt mich
und es knattert mal eben ein Graupelschauer auf uns nieder.
Das macht mir ja gar nix mehr mit meinem Mantel. Der ist wirklich so klasse!
Am nächsten Tag wird es noch stürmischer. Der Wind reißt mir meinen Mantel hoch mitsamt dem Wollfutter drunter.
Und dann bläst er mir alle Haare vor die Augen, dass ich Annegret als Blindenhund brauche.
„Hannes“, sagt Annegret, „wir fahren am Nachmittag zur Kabbelaarsbank. Da können wir ein bisschen geschützter gehen.“ Sie mummelt sich selber aber auch ganz schön ein.
Ui, jetzt kommt Gegenwind!
Dann kommen wir an eine Stelle mit sehr viel Federn auf dem Boden.
„Das sieht nach Mord aus!“ meint Annegret.
Ich überprüfe.
Ja, eindeutig Mord!
Und alles Leckere schon weggeknabbert.
Der nächste Tag ist gar nicht witzig. Über Nacht ist „Friederike“ gekommen, ein ganz, ganz doller Orkansturm. Alles brüllt und tobt und donnert draußen. „Hannes, ich hab Angst! Ich weiß, du musst morgens raus, aber ich weiß nicht, ob ich mich auf den Beinen und dich festhalten kann!“
Wir gehen nur ein ganz kurzes Stück, Annegret fliegt hin und her, und nicht auszudenken, wohin ich geflogen wäre, wenn sie nicht so verzweifelt meine Leine gehalten hätte.
Da bleiben wir doch lieber drinnen.
Vom Sofa aus beobachtet Annegret das wildgewordene Wasser und Vögel, die mal eben rückwärts fliegen, ob sie wollen oder nicht. Und ich mach es mir mit Ferdinand gemütlich.
Am Mittag lässt der Spuk nach. Und am Nachmittag latschen die Gänse wieder rum, als wenn nix gewesen wäre.
Der neue Morgen sieht dann ganz friedlich aus.
„Da könnten wir ja eigentlich endlich mal an die Nordsee“, meint Annegret. Meine Ärztin hatte ihr gesagt, sie soll aufpassen, dass ich nicht durch tiefen Sand laufen muss, das ist zu anstrengend für meine alten Beine.
Aber schon am ersten Stück sehen wir, dass Friederike gestern ganze Arbeit geleistet hat!
Dicke fette Sandwälle zusammengeblasen, alles „Stuivsand“.
„Oje,“ sagt Annegret, „die kriegen die Wege ja nur mit Räumern wieder frei!“ Damit zieht sie mich weg, weil sie den Sand viel zu tief für mich findet.
Wie doof.
Aber bei der nächsten Gelegenheit marschiere ich die Treppen hoch, auch wenn meine Beine knarren. Is ejal.
Ich will jetzt an die Nordsee!
Und dann sind wir da! Wie schön!
Hier ist der Sand auch ganz fest, dass ich gut laufen kann.
Tut das gut!
Beim Rückweg sehen wir noch eine Picknicksitzgruppe, die ein bisschen im Sand abgesoffen ist.
Wir haben insgesamt richtig Glück mit dem Wetter.
Der Sonntag wird so schön und wir sind ganz lange draußen. Also, über anderthalb Stunden.
Mehr schaffe ich nun wirklich nicht. Das ist für mich Oldie inzwischen richtig lang und viel und sehr anstrengend.
Aber wir genießen es, auch wenn Annegret jammert, dass wir morgen wieder zurück müssen. Auf einmal sagt sie: „Wieso müssen wir eigentlich zurück? Hannes, ich hätte da eine Idee!“
Und als wir zur Wohnung zurück fahren, springt sie mal eben ins Rezeptionsgebäude und kommt jubelnd zurück! „Hannes! Hannes! Hannes! Wir können noch bleiben! Wir hängen schwups noch 4 Tägelchen dran! Deinen Arzttermin verschiebe ich einfach!“
Wir müssen zwar umziehen, aber das stört ja keinen großen Geist.
Zeit haben wir ja, sonst könnten wir gar nicht bleiben.
Und so urlauben wir einfach weiter.
Annegret kriegt meinen zweiten Body fertig. Seh ich nicht stark damit aus? Hannes-Fashion!
Bequem, warm, gut!
Wir machen dann noch ein paar Tage allerlei Ausflüge und Spaziergänge.
Alles, alles gut!
Nur irgendwann müssen wir dann doch mal wieder nach Hause.
Ich bin schon verpackt, aber an der Zeelandbrug steigen wir immer nochmal aus.
Tschüss Holland!