Urlaubstagebuch 2009 Teil 2

Mein Urlaubstagebuch 2009
Band 2

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Elsass
27.September bis 2.Oktober

Sonntag, 27. September:

Heute bin ich vor Annegret aufgestanden. Das will etwas heißen! Sie sagt immer, dass sie Zeit ihres Lebens nie gut aufstehen konnte. „Morgenstund hat Blei im Mund!“ Aber ich übertreffe sie noch. Normalerweise verstreicht bei mir zwischen Wachwerden und Aufstehen locker eine Stunde! Heute bin ich allerdings gespannt, wie es ihr geht. Hoffentlich ist der Schwindel weg, damit wir etwas unternehmen können.
Und genau da kommt sie aus dem Schlafzimmer und singt laut: „Mein erst´ Gefühl sei Preis und Dank“ und ruft: “Hannes, mir geht´s wieder gut! Los, wir wandern!“

Beim Frühstücken sucht sie eine Strecke raus. Weil Sonntag ist und immer noch so schönes Wetter, will sie in eine etwas einsamere Gegend. Wir fahren zum Col du Wettstein. „Ach du Schande“, sagt sie, als wir dort ankommen, „warum sind denn heute alle hier?“

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Die Straße und die Waldwege sind rappelvoll zugeparkt. „Dann disponieren wir halt um. Guck mal, Musmiss Mulmen hört sich doch ganz lustig an. Gehen wir mal in diese Richtung.“

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Kaum sind wir unterwegs, wird die Landschaft gnadenlos schön.

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Uns geht es so gut!
Annegret zeigt mir ganz in der Ferne die Felskante.

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„Da wandern wir morgen“, sagt sie. „Das kennst du wieder, da waren wir schonmal.“ Jubeljubeljubel.

Ich bin so gut drauf, dass ich wohl ein bisschen schneller vorwärts käme als Annegret. Aber ich passe mich an. Heute hat sie nämlich eine Flasche Wasser für mich mit in ihrem Rucksack. „Aber nur heute, weil Sonntag ist. Morgen kannste deine Sachen selber tragen!“ Kein Problem, solange es nur meine Sachen sind.

Irgendwann sind dann aber doch wieder viele Leute auf der Strecke, was Annegret nicht mag. Sie ändert ihre Route erneut in den Wald hinein. Ha, und dann entdeckt sie, wo sie schon lange scharf drauf ist: Zwei feiste, frische Steinpilze.

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Wir schlagen einen Waldweg ein ohne Wandermarkierung, aber er ist auf der Karte eingetragen. Am Anfang ist er noch breit, wird aber immer schmaler und schmaler und ist eigentlich keiner mehr. Hier gibt es eine große Restmenge von Wald- oder Heidelbeeren. Hätten wir die alle gepflückt, – wir hätten für jeden von euch einen Pfannekuchen backen können.

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Weil Annegret keinen Pfad mehr erkennen kann, will sie zurück, aber ich nicht ! Ich kann ja unglaublich stur sein, wenn ich etwas will oder wenn ich etwas nicht will. Ich wollte nicht zurück, sondern weiter. 

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Also habe ich an Annegret gezogen wie ein Ochse, immer weiter, immer weiter. Und siehe da, – genau wie ich´s im Blut hatte, kamen wir wieder an unserem breiten Weg raus.

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„Du bist gut“, sagt Annegret. Ja, das bin ich.

Auf der Rückfahrt sind wir anders gefahren als auf dem Hinweg, und zwar durch Munster. „Mal sehen, ob wieder Störche auf dem Rathaus sind.“ Und ob! In jedem Nest klapperte oder balancierte einer rum.

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Beim Wegfahren musste ich mich doch nochmal umdrehen und mir diese Spezies ansehen.

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Das sind schon komische Vögel.
„Wer ist das nicht?“ sagt Annegret.

Montag, 28. September:

Immer noch das herrlichste Sommerwetter. Annegret meint, dass es in den hohen Bergen nicht so heiß ist. Trotzdem, die Wasserflasche muss mit und die trage ich heute selber. Ehrensache.
Wo es hingehen soll, hat Annegret mir ja gestern schon gezeigt. Als wir dann auf der Strecke sind, fällt mir wieder ein, wie herrlich es hier ist. Sicher kennt ihr es auch wieder, denn es ist ja nicht das erste Mal, dass ich euch Bilder von hier zeige. Manno, so viel Gegend!

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Da muss man immerfort anhalten und genießen.
Und weil wir so schön spät gestartet sind, gibt´s auch bald die erste Pause. 
Weil ich meine Verpflegung selber transportiert habe, schmeckt mir alles besonders gut.

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Und wenn alles so schön ist und ich rundum satt und zufrieden bin, muss ich mich wälzen. Ich kann euch das nur empfehlen.

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Einfach wälzen, vielleicht noch ein paar Zuckungen einbauen, dann aufstehen, schütteln und weiter. Natürlich schnallt Annegret mir erst wieder den Rucksack auf. Aber dann kommt etwas, womit ich nicht gerechnet hatte: Sie geht den Weg zurück!

Das konnte und durfte aber jetzt wirklich nicht wahr sein! Wir waren doch noch gar nicht lange genug unterwegs! In meiner Fassungslosigkeit wollte ich das verhindern und habe ihr einfach den Weg versperrt. Ganz fest habe ich mich quer hingestellt, damit sie nicht weitergehen sollte.

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Weil das leider nicht geklappt hat, habe ich verzweifelt überlegt, was ich noch machen könnte. Und da habe ich mich ganz schnell unter einer Tanne versteckt.

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Der Mist war nur mein roter Rucksack. Den hat Annegret sofort gesehen und mich entdeckt. Und da erst begriff sie und erklärte mir, dass wir nur ein kurzes Stück denselben Weg gehen.

Dann sang sie für mich: „Nun aufwärts froh den Blick gewandt und vorwärts fest den Schritt!“ Das habe ich auch gemacht und sofort ging es mir wieder gut.

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Als wir wenig später am Taubenklangfelsen ankommen, begegnen wir einer Gruppe Franzosen.

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Eine Frau sieht mich und ruft den anderen zu: „Allez, allez, regardez! Le chien porte un sac!“ Annegret übersetzt für mich: „Guckt mal schnell! Der Hund trägt einen Sack. “ Ja, ich weiß, dass ich damit erst recht etwas ganz Besonderes bin. Aber es ist kein Sack, sondern ein Rucksack!

Wenig später kommt eine Kuh angeläutet, die sich mich aus der Nähe ansehen will, – oder meinen Rucksack. Ich jedenfalls kann in dem Moment die schöne Glocke von Nahem betrachten.

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Es gibt, das hat Annegret mir erklärt, zwei Sorten von Kuhglocken; einmal die gehämmerten, leichten Bimmel-Blechglocken oder aber die gegossenen Läute-Messingglocken wie bei dieser Kuh.
Dass dann aber schon wieder mehrere Kühe zum Glotzen kommen, stört mich. Ich gucke einfach weg.

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Aber jetzt geht es weiter. In einem Hochmoorgebiet kommt ein schöner, langer Laufsteg für uns.

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Dann erreichen wir wieder so einen tollen Aussichtspunkt. Von hier können wir ganz viel erkennen, was wir vor einigen Jahren erwandert haben: Den See unten mit der Ferme auberge und die steilen Kraxelwege. Damals sind wir von da unten hochgekommen. Ich gucke mir alles noch einmal ganz genau an.

Als wir herrlich erschöpft wieder in unserer Wohnung sind, merke ich doch die Kilometerchen in meinen Beinen. Aber aufs Sofa muss ich, das ist auch Ehrensache. Also hangele ich mich hoch.

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Wenn ich ganz lange ausgeruht habe, dann steige ich immer in meiner Spezialmanier wieder runter, nämlich so:

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Vorderbeine runter, dann ganz lang dehnen und strecken, dabei die Hinterpfoten am besten auf links klappen. Danach steigen auch diese runter, – und dann kann man eigentlich zur nächsten Tour starten.

Dienstag, 29. September:

Nach unserem gestrigen Höhentraining gehen wir heute mal wieder in die Weinberge. Es ist nicht so, als wenn es hier nicht auch mordsmäßig steil wäre. Aber es ist halt nicht so weit und nicht so weit oben.

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Irgendetwas Besonderes gibt es heute nicht zu erzählen. Höchstens noch ´n Hundewitz.
Kennt ihr den? „Es soll Hunde geben, die intelligenter sind als ihr Herrchen“, sagt Ferdinand. „Na klar“, erwidert Fritz, „so einen hast Du auch.“

Mittwoch, 30. September:

„Hannes, bei diesem warmen Wetter gehen wir heute mal wieder in den Wald“ sagt Annegret nach dem Frühstück. „Das Wanderbuch schlägt uns heute Balades à pied N° 21 vor.“ Wir wollen wieder ein paar alte Burgruinen ansteuern, die Pflixbourg und die Hohlandsbourg. Bei Schwierigkeitsgrad „mittel“ und Dauer „2.40 h“ brauche ich keinen Rucksack. Es kommt aber ein bisschen anders. Die Wegmarkierungen sind vollkommen vernachlässigt und fast verschwunden. Deswegen müssen wir viel nachdenken und manchen Pfad ausprobieren. Aber weil wir im Schatten gehen, lässt es sich ertragen. Der Weg ist streckenweise wieder tierisch steil. „Wenn das so weitergeht“, sagt Annegret, „dann kippe ich mal mit meinem Rucksack hintenrüber“. Sie hat halt ´nen blöden Schwerpunkt. Da geht´s mir als Vierbeiner sehr viel besser.

Wir warten mit unserer ersten Pause nicht allzu lange und legen diese schon ein, bevor wir den Berg erklommen haben.

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„Und jetzt mach du bitte mal ein Bild von mir!“ sagt Annegret.

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Okay, wenn´s weiter nichts ist …
Als wir endlich oben bei der Hohlandsbourg ankommen, können wir leider nicht auf das Gelände.

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Das Tor wird erst um 14 Uhr geöffnet. Wie blöd. Ich stöbere doch so gerne in den Ruinen rum. Aber hier ist nix zu machen. Wir müssten zu lange warten. Dafür werden wir aber mit einer traumhaften Aussicht belohnt. Man kann die ganze Gegend um Colmar bis zur Rheinebene sehen. Nur der Schwarzwald ist im Dunst verschwunden.

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Als wir dann im Wald weitergehen, habe ich mal wieder mit einem Dauerproblem im Buchenwald zu kämpfen. Auch das gehört zu der Sorte Schöpfung, die ich nicht gut, sondern total bescheuert finde. Ich meine die Schoten von Bucheckern.

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Kennt ihr die? Wenn die ganzen Wege davon voll geprasselt sind, weiß ich manchmal nicht mehr, wo ich gehen soll. Die spreizen sich nämlich so gemein zwischen meine Ballen, dass ich sie oft gar nicht alleine rauskriege. Annegret hilft dann porkeln.

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Und so sind wir durch unzählige kleine Aufenthalte erst nach viereinhalb Stunden wieder am Auto. Das ist allerdings nicht schlimm. So habe ich´s eigentlich ganz gern.

Donnerstag, 1. Oktober:

O,o,o! Annegret hat mir beim Frühstück gesagt, dass heute unser letzter Tag hier ist und wir morgen wieder abreisen. Das finde ich gar nicht gut. Allerdings werde ich nicht so entsetzlich traurig wie vor vier Jahren. Weil ich jetzt schon drei Mal in Katzenthal war, glaube ich, dass wir wieder hierher kommen.
Und heute geht es noch einmal auf die Strecke, Richtung Berge, aber nur halbhoch, so um die 800 Meter. Annegret hat auf der Wanderkarte was rausgesucht. „Wandern à la carte“ nennt sie das. Tatsächlich treffen wir es wieder wunderschön an. Und immer noch Superwetter.

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Wir sind noch nicht lange unterwegs, da funkelt uns aus einem Garten ein merkwürdiges Gebilde entgegen.

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Ein Schild erklärt, dass es ein Monument für den Frieden ist von einem buddhistischen Meditationsmeister aus Tibet oder so ähnlich. Ich hab nicht verstanden, was Annegret da gemurmelt hat. Und ich möchte auch gerne weiter.

An einem Bauernhof hindert uns ein provisorischer Elektrozaun am Weitergehen. Dahinter tobt ein angebundenes Hündchen. Leider machen das die Bauern hier öfters, einfach etwas absperren, auch wenn es ein Wanderweg ist. So müssen wir uns irgendwie durch Brennnesseln und Kuhmist durchkämpfen. Und kurze Zeit später schon wieder gesperrt!

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Danach steuern wir auf einen großen, modernen Bauernhof zu. Mir verschlägt es den Atem. Was stinkt denn hier wie Sau?

Nachdem wir eine Scheune umrundet haben, ist die Ursache klar.

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„Guck mal, Schweinchen!“ sagt Annegret. Schweinchen?? Solche Tiere habe ich noch nie im Leben gesehen. Erstens sind sie ganz scheußlich rosa und zweitens stinken sie saumäßig, – das ist mir nicht geheuer. Ich kann diese Tiere überhaupt nicht einordnen und traue ihnen nicht. „Los“, sagt Annegret, „geh mal nah ran!“ Ich schleiche ein Schrittchen näher, springe aber sofort wieder zurück. Annegret lacht.

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„Das gibt´s doch gar nicht! Los, Hannes, guck dir mal die Steckdosen-Nasen aus der Nähe an!“ Aber wisst ihr was? Ich konnte es nicht! Ich hatte einfach Schiss! Mit einem lauten Beller habe ich einen großen Sprung gemacht, allerdings rückwärts. Damit war die Sache für mich erledigt.

Nach einem Dreiviertelstündchen kommen wir an ein einsames Kirchlein in der weiten Landschaft.

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Das ist mir als Kirchenhund doch sehr viel vertrauter. Ich darf sogar ein paar Schritte mit rein, weil ich so schön andächtig sein kann. „Ach schau“, sagt Annegret, „andre Länder, andre Sitten: Hier hält Josef das Jesuskind!“ Tatsächlich: Bart und Baby.

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Die Gegend bleibt weiterhin ziemlich fromm. Als nächstes kommen wir an ein großes Christus-Monument.

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Da fällt mir ein, dass wir in diesem Jahr gar nicht auf dem Galtz waren. Davon habe ich euch bei meinen letzten Urläuben erzählt. Aber hier ist es so ähnlich, nur kein Wald drum herum. Ich handele mir allerdings einen grauenhaften Rüffel ein, weil ich ganz in Gedanken am Sockel ein Bein hebe.

Als wir Richtung Auto zurückgehen, kreuzen zum ersten Mal seit unserer Ankunft ein paar dunkle Wolken am Himmel auf. Aber für Regen hat´s nicht gereicht.

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Natürlich fängt Annegret am Abend mit der blöden Packerei an. „Es geht aber nicht anders“, sagt sie, „am Sonntag ist Erntedankfest und noch ein Konzert in der Kirche“.

Unser Winzer, Monsieur Bernhard, hat Annegret versprochen, morgen ganz frische Trauben aus dem Weinberg zu schneiden für die Dekoration. Darüber freut sie sich.

Freitag, 2. Oktober:

Ach, ein bisschen traurig bin ich jetzt doch, dass die Zeit so schnell vergangen ist.

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Annegret versucht, mich aufzumuntern und abzulenken. „Weißt du, was ein `Weinmobil´ ist?“ fragt sie.
„K A ? Keine Ahnung?“
Nee, ich weiß es nicht.
Ihr denn?

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Hier ist das „Weinmobil KA“! Ich hab´s doch geahnt mit der Lage Weinkartons unter meinem Hintern.
Da kommt jetzt noch ´ne Komfortdecke drauf, damit ich mich richtig wohl fühle. Ich setze mich extra bucklig hin, damit ihr meint, ich leide.

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Aber – ehrlich gesagt – ich kann mich nicht beklagen. Annegret macht wirklich richtige Hunde-Urläube mit mir. Da muss man auch mal ein paar Fläschelchen im Untergrund vertragen.

Dann kommt Madame Bernhard, um uns die Trauben aus dem Weinberg zu bringen und den Schlüssel abzunehmen. Adieu! Au revoir!

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Nachdem wir gerade mal bis zum nördlichen Stadtrand von Colmar gefahren sind, stößt Annegret einen Schrei aus:
„Ich glaub, ich hab mich verfahren! Guck mal raus!“
Ich war gerade so weinselig eingeschlafen und rappel mich nur mit Mühe hoch.
Sie fingert, obwohl sie fährt, die Kamera aus der Tasche und knipst beim Fahren zum Fenster raus. Was ihr solchen Schreck versetzt hat, weiß ich nicht so recht. Vielleicht die grüne Figur?

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Ui, jetzt wird mein Tagebuch doch ziemlich lang. Ich werde schon ermahnt, bin aber gleich fertig. Auf der Rückfahrt haben wir wieder in Grenznähe unsere Mittagspause gemacht. Bei Kandel gibt´s ja die schönen Wälder rechts und links der Straße, wo wir üblicherweise Rast machen.

Ich strolche ein bisschen im Grünzeug rum, als Annegret mich ruft. „Wir haben einen Anhalter! Der scheint mit zu wollen!“ Das macht mich neugierig.
Was glaubt ihr, was ich hier sehe? Einen Heuschreck-Anhalter am Reifen! Nanu!

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Als ich ihn mit meiner Nase anstupse, überlegt er es sich allerdings anders und macht einen Riesensatz weg.

Am Nachmittag sind wir dann wieder zu Hause und Annegret stürzt sich sofort auf die Arbeit der Kirchen-Erntedank-Dekoration. Ein paar Bilderchen davon zeige ich euch noch und damit verabschiede ich mich.

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Macht´s gut!
Euer Hannes

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