Annegret hatte mir ja neulich zum Geburtstag „1 Woche Eifel“ geschenkt. Das ist jetzt eingelöst und davon erzähle ich dir alles, was mir einfällt.
Dass ich in der Nacht vor der Fahrt noch einen üblen Durchfall hatte, war nicht so gut. Ich musste Annegret 4 Mal wecken, damit sie sich schnell anzieht und mit mir raus geht, also richtig raus, nicht in den Garten. Im Garten geht das nämlich gar nicht, da habe ich eine innere Sperre. Mittags war ich aber wieder in Ordnung.
Die Fahrt ist überhaupt nicht lang. Bei Annegrets Gepäckmenge hatte ich anderes erwartet. Als wir in Wirfttal ankommen, sehe ich gleich, dass wir hier schonmal waren.
“Genau!“ sagt Annegret, „das ist jetzt 5 Jahre her, – da warst du noch ganz schön jung! Und es war ein total vermatschter Urlaub. Sowas brauchen wir nicht nochmal!“
Wenn du die Geschichte noch nicht kennst, solltest du sie unbedingt lesen.
https://www.hannes-kadur.de/2014/03/morast-wandern-in-der-eifel/
Annegret holt an der Rezeption den Schlüssel, dann suchen wir das Häuschen Nr. 80 und…?
„O nein!“ jault Annegret, „hier ist ja nur Matsche! Hier kann ich überhaupt nicht parken! Was ist denn das für eine riesengroße Sauerei?“
Sie schließt auf. „Für dich, Alter!“ sagt sie.
Ich schau mich gleich mal um, derweil Annegret das Gepäck herbeischleppt. Ich hab mein Reisewämschen noch an. Mit meinem dünnen alten Fell brauch ich immer viel Wärme.
Durch den Flur geh ich in den Wohnraum.
Ach, ich habe die Fenstertüren so gerne, wo man von drinnen so schön raussehen kann!
Hinten durch ist die Küche.
Die offene Treppe soll ich nicht hochsteigen, da könnte ich ausrutschen und fallen. „Du hast oben auch gar nichts verloren“, sagt Annegret, „da sind 2 Schlafzimmer für Menschen. Ich mach dir unten ein paar Betten.“ Dazu später mehr.
Also, mir gefällt das Nur-Dach-Häuschen!
Am Samstag, unserem ersten Tag, muss ich nach dem Aufwachen gleich mal die Lage draußen überprüfen. Das geht schon vom Bett aus
und dann vom Fenster.
Na ja, schön ist was anderes, aber es ist trocken. Annegret meint, wir sollten gleich am Vormittag ein Stück gehen, von Niederkyll bis Jünkerath und über die Höhe zurück.
Aber gerne! Zwei Kilometerchen fahren und los geht´s! Schwups sind wir schon bald an einer Kapelle.
Wie doof, die ist zu. Fast immer schließen die Menschen Kapellen und Kirchen zu! Wie soll ich denn dann reinsehen?
Wir gehen weiter und kommen bald zu einer Kirche. Hier will ich aber jetzt mal rein! Annegret rüttelt rundum an den Pforten, aber alles ist verrammelt
Wir gehen weiter, als ein kleines Auto hält und eine Frau aussteigt. „Sind Sie die Küsterin?“ fragt Annegret und ob wir vielleicht mal reingucken dürfen. Die Frau ist bei mir, dem Hund, etwas skeptisch, aber Annegret sagt, dass ich viele Jahre Küsterhund gewesen bin und mich sehr ehrwürdig verhalte. Also darf ich mit rein und verhalte mich sehr ehrwürdig. Ehrensache!
Dann gehen wir über die Höhe zurück
und sind nach einer Stunde wieder an der Kyll und am Auto.
Am Nachmittag macht Annegret den nächsten Vorschlag. Obwohl es sehr stürmisch ist, fahren wir auf eine Höhe, weil wir einen Landschaftsüberblick brauchen. Hier geht vielleicht die Post ab! Der Sturm „Eberhard“ ist im Anflug.
Wir kämpfen uns bis auf die Kuppe, aber ich habe nicht mehr genug Kraft in den alten Beinen, um mich gegen die Böen zu stemmen.
Da ist es gut, dass Annegret mich stabilisiert. Das Panorama ist großartig, und auf einem Riesenstein sind Unmengen von Richtungen angegeben.
Da es aber viel zu kalt ist und wir stark torkeln, geht´s schnell wieder zum Auto.
Drinnen ist es doch gemütlicher.
Bei den Orkanböen knarrt und knackt das ganze Häuschen. „Für morgen wird´s noch schlimmer gemeldet“, sagt Annegret. Na, das hatten wir uns aber ein bisschen anders gedacht.
Sonntag.
Ich seh mal eben nach, wie das Wetter ist.
Scheußlich!
Es fegt und heult wie bekloppt. Eberhard hat auf der Terrasse ein paar Stühle umgeschmissen und viele Äste krachen runter. „Hannes, das ist viel zu gefährlich draußen, wir machen nur ´ne kurze Geschäftsrunde“. Zum Glück habe ich den gefütterten Mantel. Ohne den wäre ich längst erfroren.
Nach unsrer Kurz-Runde fängt Annegret einen fürchterlichen Streit an! Und das am Sonntag.Sie hatte mir schon am Freitag ein extra schönes Lager unter der Dachschräge zubereitet, mit einem dreifach bezogenen Kopfkissen (damit kein Hundehaar durchdringt) für meinen Rücken.
Ich will da aber nicht liegen! Aber ich soll! Und jetzt geht es los. Erst ganz freundlich „Komm, liebes Hänselchen, leg dich mal hier hin“.
Ich bleibe stehen, gehe nur hinten ein bisschen runter, aber ich bleibe stehen.
„Hannes, du blöder Hund, leg dich jetzt hier hin!“ bellt sie mich an. Ich denke gar nicht dran! Ich will nicht! Altersstarrsinn in Bestform! Das geht minutenlang so. Annegret hockt sich vor mich, klopft mit der Hand auf die Decke, bettelt mich an, flötet süße Aufforderungen, steht wieder auf, als ihr die Knie weh tun und zieht sich einen Stuhl ran. „Ich hab Zeit!“ sagt sie. Hab ich auch, aber es ist mir zu doof und ich will weggehen. Da macht sie mit beiden Beinen eine Sperre und kesselt mich ein.
Weißt du, wie lange diese Nummer ging? Eine halbe Stunde!!! Aber ich habe nicht nachgegeben, sondern gewonnen. Als Annegret ihre Beine runter stellt, weil sie sie nicht mehr in der Luft halten kann, gehe ich weg.
Ich lege mich wieder auf meine Blumenwiese,
putze meine Beine, denke ein bisschen nach
und frage Annegret dann : Musste das sein???
Das Bett hat sie mittags abgebaut und nochmal gemault „Blöder Hund! Ich tu doch alles für dich!“
Draußen tobt der Orkan und es bleibt uns nichts anderes übrig, als drinnen zu hocken.
Montag.
O wie grässlich!
Jetzt hat es auch noch geschneit!
Das ist aber wirklich ätzend. Wir wollten doch so viel raus, wie es meine alten Beine schaffen. Und die sind gar nicht mal so schlecht dran. „Hannes, komm, wir ziehen uns warm an und versuchen´s“, sagt Annegret.
Aber man weiß gar nicht so recht, wo man gehen soll. Und dann fängt auch noch ein dichtes Schneetreiben an.
Annegret will umkehren, aber ich möchte unbedingt noch ein Stück gehen. Manno, das ist doch mein Urlaub!
Aber viel Sinn macht das nicht. Nach eineinviertel Stunde sind wir wieder am Auto. Ich brauch´s jetzt wieder ganz warm.
Am Nachmittag länger rauszugehen ist zwecklos.
Dienstag.
Pfui! Das geht ja genauso weiter!
„Hannes“, sagt Annegret, „das ist jetzt eine Sache der Einstellung, wie wir mit diesem Wetter klar kommen. Jammern bringt nix. Es ist Fastenzeit! Fasten heißt Verzicht. Wir machen einfach eine Woche Schönwetter-Fasten!
Etwas später ist es wenigstens trocken und Annegret fährt uns nach Dahlem, damit wir da ein bisschen rausgehen. Zuerst kommt eine schöne Allee,
aber auf den Friedhof darf ich nicht.
Leider ist es saukalt mit eisigem Wind. Deswegen gehen wir nur ein kurzes Stück.
Nach einer Stunde sind wir wieder im Warmen. Annegret hat mir noch ein anderes Bett gebaut, – das mag ich.
Wir machen am Nachmittag nochmal einen Versuch mit rausgehen,
aber es ist nicht auszuhalten und ich bin froh, dass ich bald wieder ins Auto kann.
Mittwoch.
Ich sehe raus: O Graus!
Annegret ist es auch leid.
“Dieser Urlaub braucht unverzüglich eine Sensation! Komm, Hannes, wir fahren nach Belgien!“
Ein paar Kilometer hinter der Grenze kommt eine traumhafte Ortschaft!
Damit nicht genug, – es gibt sogar eine Bäckerei und Annegret kauft sich Nervennahrung.
„So schön kann Schönwetter-Fasten sein!“, sagt sie.
Draußen wird es eigentlich immer schlimmer. Es regnet seit gestern!
So schön kann Schönwetter-Fasten sein.
Donnerstag.
Morgen-Kontrolle.
Unverändert.
Wir machen nochmal einen Versuch.
Wieder werde ich pitschenass! Das ist unser letzter Tag. Morgen geht´s wieder heim.
Am Abend fängt Annegret an zu packen, und da verliere ich auf einmal total die Nerven, was ein fürchterliches Mallör zur Folge hat. Ich weiß nicht, warum mich plötzlich die Angst packt, dass Annegret ohne mich zurückfahren könnte. Jetzt, wo ich so alt bin, komme ich ja ohne sie gar nicht mehr klar. Ich stehe rum und hechle. Sie ist jetzt oben mit Packen zugange, und auf einmal fehlt sie mir so sehr, dass ich doch die Treppe hoch will, obwohl ich nicht soll.
Auf der dritten Stufe passiert´s dann: Ich rutsche aus, verliere den Halt, kippe, stürze, ein furchtbarer Brüllbeller entfährt mir und dann liege ich unten, total verdreht.
Annegret ist wie der Blitz bei mir. „Hannes! Dein Schrei, war das Schmerz oder Schreck?“ Ich weiß es nicht. Ganz vorsichtig versucht sie, mich anzuheben und hinzustellen. Gott sei Dank, das geht. Aber ich zittere am ganzen Leibe. Deswegen kriege ich eine sehr lange Streicheleinheit oder zwei, bis ich wieder normal atmen und mich aufs Bett legen kann. Manno, wie schlimm.
Die Treppe wird mit Gepäck versperrt.
Freitag.
Wie ist das Wetter?
Es bleibt pfui.
Eine letzte kleine Runde
und dann nichts wie weg hier!
Schöner wäre schöner gewesen.
Viele Grüße
dein alter Hannes
PS: Nicht vergessen, diese Geschichte zu lesen:
https://www.hannes-kadur.de/2014/03/morast-wandern-in-der-eifel/
Und diese gehört dazu:
https://www.hannes-kadur.de/2014/03/geburtstag-nur-knapp-uberlebt/
Lieber Hannes, das Wetter war wirklich grausig. Dass ihr es so lange ausgehalten habt …
Und ich will noch bemerken, dass Du geradezu die Inkarnatiton eines Küsterhundes bist. Als solchen kenne ich dich ja schon viele Jahre. Liebe Grüße an Hannesgret! J.
Lieber Hannes, ich bin ja leider erst seit kurzem Fan von dir (weil ich dich noch nicht so lange kenne). Aber ich freue mich über jeden neuen Beitrag. Mach bitte noch lange weiter so.
Liebe Grüße
H. Bärhausen
Lieber Hannes, Da hast Du und Dein Frauchen ja wirklich kräftig dem Wetter getrotzt. Alle Achtung. Für den nächsten Ausflug wünsche ich euch ein Prachtwetter. Euch Beiden frohe Ostern!